Seitdem der Mensch seinen Pelz verlor, hat er sich zum Schutz vor Regen, Schnee, Kälte und Sonne in Kleider gehüllt. Mittlerweile ist bei der Alltagsbekleidung
der modische Aspekt in den Vordergrund getreten. Wetterschutz spielt eine untergeordnete Rolle, da jederzeit eine Flucht vor dem Regen ins Auto, Haus oder Einkaufszentrum möglich ist.
Der Aufenthalt draußen ist meist relativ kurz, funktionelle Kleidung nicht unbedingt notwendig. Anders dagegen auf einer Trekking- oder Wildnistour. Für diejenigen, die lange Zeit auch bei schlechten
Wetterbedingungen unterwegs sind, zählt primär der funktionale Aspekt. Hinzu kommen Leichtgewicht, Vielseitigkeit und ein kleines Packvolumen.
Nach jahrelangen Tests und Erfahrungen unter verschiedensten Wetterbedingungen habe ich mit einigen Konventionen gebrochen:
Der wärmste und beste Stoff für den Wildniswanderer ist meiner Meinung/Erfahrung nach Wolle! Dies gilt besonders für die Socken und Unterwäsche! Auch eine Außenbekleidung aus Wolle hat unter Survival
-Gesichtspunkten große Vorteile: Wolle ist geräuschlos, wasserabweisend, selbst im nassen Zustand noch warm, bis
600°C feuerunempfindlich, geruchsneutral und atmungsaktiv! Lediglich im Hochsommer ist Wollbekleidung in der Regel zu warm. Dann hat eine Außenbekleidung aus dichtgewebtem Baumwollmischgewebe
Vorteile: Da es eine glatte Struktur hat, wärmt es nur indirekt über den Windschutz, es ist leichter und trocknet schneller. Nachteile
sind: ab ca. 200°C Feuerempfindlichkeit, Geräuschentwicklung (liegt an der glatten Oberfläche!) und starker Auskühleffekt ,wenn der Stoff nass ist (ausser mit darunter liegender Wollunterwäsche!).
Wenn es kalt wird, hat sich zusätzlich eine Kälteschutzbekleidung bewährt, die Kunstfaserschlafsäcken nachempfunden wurde. Jacke und Hose sind aus zwei Lagen winddichtem, superleichtem Mikrofaserstoff.
Dazwischen liegt eine Schicht bauschiger Kunstfaser. Dadurch ist diese Bekleidung winddicht, atmungsaktiv,
wasserunempfindlich (da die Bauschkraft auch im nassen Zustand bestehen bleibt), leicht (besteht zu einem großen
Teil aus Luft) und klein verpackbar. Diese Kälteschutzbekleidung lässt sich sowohl über wie auch unter der normalen
Woll- oder Baumwollmischgewebekleidung tragen und erhöht die Winddichtigkeit und Isolationsfähigkeit der Bekleidung enorm. Bei einem leichten Regenschauer oder Nieselregen ist noch keine Regenbekleidung
nötig, vor allem die Wollbekleidung steckt ein bisschen Wasser locker weg. Wenn es aber richtig schüttet, hilft nur ein Unterstand oder die entsprechende Regenbekleidung. Das mit Abstand effektivste ist eine
Jacken-/Hosenkombination aus atmungsaktiven 3-Lagenlaminat. Die zweitbeste aber vielseitigere Regenschutzvariante besteht aus einem Poncho mit Gamaschen. Leider hat diese
Variante im Unterholz, dichten Wald, Gebirge oder bei starken Wind Nachteile. Ausser ihr kürzt den Poncho vorne im Beinbereich auf Höhe der Genitalien(dazu mehr unter Waldläufer). Der Vorteil liegt in der Möglichkeit den Poncho für viele Zwecke zu verwenden. Als notdürftiger Zeltersatz in Form eines Schrägdaches (dafür dürften die
Ponchos meiner Meinung nach ruhig länger sein!), als Wassersammelbehälter, als Unterlegfolie, zum schnellen Bau
einer Laubhütte, zur Tarnung, als Windschutz, Biwaksack, Abdeckplane, Auskleidung für eine Kochgrube, zum
wasserdichten Verpacken der Ausrüstung für eine Fluß-/Seedurchquerung usw. Ausserdem ist ein Poncho leichter und bedeutend preiswerter als die Jacken-/Hosenkombination.
Eine in den letzten Jahren bei mir und meinen Freunden sehr beliebte und bewährte Regenschutzlösung ist das sehr
günstige Schweizer Regencape. Es ist zwar nicht so vielseitig wie ein Poncho aber dafür bei Regen wie auch bei
trockenem Wetter bedeutend angenehmer zu tragen! In Kombination mit einem Tarp für die Übernachtung spielt dieses Regencape seine Stärken aus und wird von mir und vielen anderen auf Wildnistouren jeder Membranjacken/
-hosen Kombination vorgezogen!
Einzig in urbanen Gebieten wäre die Jacken-Hosen-Kombination unauffälliger! Hier muss abgewogen werden, was wichtiger ist! Für Kopf, Hände und Füße gilt ähnliches wie für den Rest des Körpers. Gerade der Kopf
muss gut geschützt werden, weil hier viel Wärme verloren geht. Eine Wollsturmhaube, bei der nur Augen, Nase und eventuell Mund frei bleiben,
kombiniert mit einer Wollmütze und einer winddichten Kapuze (Poncho oder Regenjacke) bietet im Winter optimalen Schutz. Im Sommer ist dagegen ein Buschhut mit weiter Krempe und ein Moskitonetz der beste Schutz!
Bei den Händen hat sich eine Kombination aus Wollmischgewebe-Fingerhandschuhen (evtl. ohne Fingerspitzen!),
Wollfäustlingen und einem Überhandschuh aus Leder oder Gore-/Sympatex auch unter sehr kalten Bedingungen bewährt. Zur Not tun es aber auch dicke Wollscken: der Daumen kommt in die Verse und die Finger in den
Zehenbereich - hat mit in Finnland schon einmal die Finger in eisiger Kälte gerettet! Im Fußbereich tun es je nach Außentemperatur ein bis drei Paar Wollsocken mit geringen Kunstfaseranteil -
Voraussetzung ist allerdings, dass die Schuhe sich so stark variieren lassen. Dafür muß die Schnürung möglichst weit
nach vorne gezogen sein! Oder ihr legt für den Winter eine dünnere und für den Sommer eine dickere Einlegesohle in den Stiefel.
Naja - das wäre schon beinahe alles bis auf eine oder zwei Ersatzgarnituren Unterwäsche: Bei Kälte Merinowoll
-Unterwäsche und bei Hitze eine dünne Seiden-Unterwäsche oder modernste Kunstfaserunterwäsche mit eingebauten Silberionen, die die Bakterienentwicklung hemmen und den Gestank reduzieren!
Während die Funktionalität der Bekleidung im Sommer notfalls vernachlässigt werden kann, ist das im Herbst und im Winter ganz anders. Dann ist gute Bekleidung lebenswichtig!
Davon ab: Je mehr fiese Situationen ihr erlebt habt, um so gelassener und erfahrener werdet Ihr! Insofern einfach mal das Abenteuer Wildniswandern auf sich zukommen lassen!
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